Die Geburtenrate fällt auf den tiefsten Stand seit 2009 – was dies für die Arbeitswelt in unseren KiTas bedeutet:
Lt. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, ist die Geburtenrate in Deutschland in den vergangenen beiden Jahren deutlich zurückgegangen. Kurz zu den Fakten aus den Forschungsergebnissen des BiB: „(…)fiel von 1,57 Kindern pro Frau in 2021 auf rund 1,36 im Herbst 2023. Damit ist das Fertilitätsniveau so niedrig wie seit über zehn Jahren nicht mehr. (…)Nachdem in Deutschland die Geburtenrate während der ersten Zeit der Coronapandemie stabil geblieben war, sank sie im weiteren Verlauf der Pandemie ab Januar 2022 auf 1,4 und erholte sich im Sommer 2022 wieder auf 1,5 Kinder pro Frau. Im Jahr 2023 fiel die Geburtenrate erneut weiter ab und betrug nach vorläufigen Berechnungen im Durchschnitt der Monate Januar bis November 1,36. Der beobachtete starke Rückgang der Fertilität innerhalb von zwei Jahren ist deshalb ungewöhnlich, da sich Phasen sinkender Geburtenraten in der Vergangenheit eher langsamer vollzogen haben.“
Während viele Pressemitteilung den Demografischen Wandel für einen düsteren Ausblick auf unser Bruttoinlandsprodukt in 15-25 Jahren halten, wirkt sich die Situation schon jetzt dramatisch auf KiTas und Kindergärten aus. Neben vielerorts gestiegenen Tariflöhnen, fehlt es an Nachfragen für KiTa-Plätze.
Dies ist kein regionales Problem, sondern eines welches sich über ganz Deutschland und auch einige Europäische Nachbarn auszubreiten scheint.
Der Stellenabbau funktioniert auf Rechtswegen meist sehr organisiert: Baut der Arbeitgeber Stellen ab, gibt es oft einen Sozialplan. Darin vereinbaren Arbeitgeber und Betriebsrat, dass die entlassenen Mitarbeiter*Innen im besten Fall Abfindungen und andere Leistungen erhalten. Andere Methoden zum Stellenabbau soll es auch schon gegeben haben…
Doch was macht das alles mit den KiTa Teams?
Wer wird der/die Nächste sein? Werde ich in meinem Beruf langfristig wieder Fuß fassen können? Ist meine Lieblingskollegin noch da? Was, wenn mehrere Kolleg*Innen annähernd gleiche Sozialfaktoren bedienen? Gegen wen fällt die Entscheidung dann aus?
Für die Dynamik in den KiTa-Teams bedeutet dies oft große Unsicherheit. Wurden, aufgrund des Platzmangels, vor gut zwei Jahren noch KiTa-Plätze durch Eltern eingeklagt und aus Platzmangel ganze Einrichtungen neu gebaut, ganze Teams ausgebildet und eingestellt, herrscht nun durch den Einbruch der Geburtenrate eine personelle Überbesetzung. Ein echtes Problem, welches durch einen veränderten Betreuungsschlüssel nur begrenzt gelöst werden kann.
Meine aktuelle Berufspraxis zeigt mir: KiTa-Teams fehlt es durch diese Umstände an mentaler und gar psychischer Sicherheit.
Was versteht man unter psychologischer Sicherheit in Teams? Warum ist sie essenziell für die erfolgreiche Teamarbeit?
Eine Person ist psychologisch sicher, wenn sie davon überzeugt ist, dass sie innerhalb eines Teams Risiken eingehen und Kritik äußern darf – ohne, dass sie negative Konsequenzen befürchten muss, es besteht also Vertrauen zu Kolleg*Innen und Führungskraft und es besteht der Glauben an eine positive Norm innerhalb einer Gruppe.
Man könnte auch sagen: Ist jemand psychologisch sicher, vertraut derjenige seinen Teamkollegen und der Führungskraft. Der große Unterschied zwischen Vertrauen und psychologischen Sicherheit besteht darin, dass sich Vertrauen auf ein einzelnes Individuum bezieht. Wenn man von psychologischer Sicherheit spricht, geht es um den Glauben an eine positive Norm innerhalb einer Gruppe. Kurzum, es gibt ein paar markante Eigenschaften von Teams und Gruppen, welche sich miteinander in „psychologischer Sicherheit“ befinden.
- unterschiedliche Perspektiven dürfen eingebracht und diskutiert werden
- eigen Fehler werden zugegeben und besprochen
- Kritik darf geäußert werden
- personelle Spannungen werden offen angesprochen
-jede*r darf um Hilfe bitten
-alle lernen von- und miteinander
-Arbeit wird als Lernprozess verstanden
Was in der Theorie simpel und logisch klingt, ist in der Praxis eine anspruchsvolle Führungsaufgabe vor allem dann, wenn die Arbeitsplätze unsicher werden oder die Kündigungswelle bereits begonnen hat.
Das Team sicher im Arbeitsprozess zu halten, ist besonders im Pädagogischen Bereich Priorität Nummer eins. Die Führungskraft braucht Resilienz.
Natürlich dient dieser Artikel dazu, unsere bewährte Supervision in Krisenzeiten, sowie die Führungskräftetrainings „Breakthrough“ zu bewerben, doch soll dieser Artikel viel mehr dazu aufrufen einen Blick hinter die Kulissen unserer KiTas zu werfen und die Erzieher*Innen unserer Kinder einmal mehr zu fragen: „Wie geht es dir?“
Herzlich,
Christin Stäudte